Mittwoch, Januar 30, 2008

Kino: [REC]


Eines vorneweg: Den meisten Spaß an [REC] wird der jenige haben, der sich vorher nicht durch Texte und Clips im Netz gewühlt hat. Wenn man nicht weiß, mit was genau man es hier zu tun hat, wirkt das Ganze vielleicht noch ein wenig intensiver.

Doch auch sonst wird [REC] dem seit Sitges 2007 bestehenden Hype im Großen und Ganzen gerecht. Jaume Balagueró und Paco Plaza haben hier eine wirklich fiese Mischung aus BLAIRWITCH-Doku und 28 DAYS LATER-Horror kreiert, die im momentanen Kinotrott ihres Gleichen sucht. Ich möchte fast sagen, dass ich seit Aja’s von mir sehr geschätztem HAUTE TENSION keinen spannenderen und fesselnderen Film gesehen habe. Innerhalb kürzester Zeit findet Balagueró den Einstieg, bemüht sich erst gar nicht um eine ausschweifende Exposition. Auch das macht natürlich den Reiz aus. Grob wissen wir um was es geht und sofort schießt der Film los. Schnell verliert man den Überblick in diesem klaustrophobischen Alptraum aus hektischen Kameraschwenkern und Licht/Schatten-Spielen. Das Pensum ist hierbei enorm: Einmal in Rage, kommt [REC] erst im Mittelteil wieder zur Ruhe. Man möchte dem Film für diese Verschnaufpause fast dankbar sein, auch wenn sie natürlich einen enormen Hänger beinhaltet.

Was diesen Leerlauf angeht, bin ich noch sehr unentschieden. Einerseits unterstreicht er durch den Einschub ein gewisses Maß an Realitätsnähe, anderseits bremst das [REC] unnötig aus. Man könnte diese Stelle fast mit einer Achterbahn vergleichen: Vor der großen Terrorabfahrt folgt noch schnell ein kleiner Rast. Und was dann kommt, können Worte nur sehr schwer detailgetreu wiedergeben. Eine Hatz durch dunkle Korridore, das große Chaos, ein Mysterium. Spätestens an diesem Punkt des Films liegen nicht nur sämtliche Nerven blank, nein, der Zuschauer weiß auch, dass genau jetzt ALLES passieren kann. Fingernägel haben hier wahrlich nichts zu lachen.

Mit dem besagten Mysterium bringt Balagueró dann schließlich auch noch eine neue Note hinzu. Das funktioniert in meinen Augen fabelhaft, auch wenn sich daran vielleicht die Geister scheiden. Ein paar kleine Mängel gibt es dann aber dennoch: Verschiedene Bild- und Tonideen, die den dokumentarischen Akzent von [REC] unterstreichen sollen, werden mir zu schemenhaft abgehakt. Zudem gibt es an einigen Ecken und Enden heftige Denkfehler zu bemängeln, wie beispielsweise die kurze Sequenz in der das Tape zurückgespult wird. So richtig darüber ärgern kann man sich allerdings nicht. Dafür ist das, was uns Balagueró und Plaza vorsetzen einfach zu effektiv und zielgenau. [REC] erfindet das Rad zwar nicht neu, schafft es aber trotzdem ein äußerst beeindruckendes Endresultat abzuliefern. Ein Hoch auf den europäischen Horrorfilm. Wen wundert es da, dass das US-Remake schon in der Mache ist.

8/10

5 Kommentare:

Flo Lieb hat gesagt…

Ich persönlich empfinde HAUTE TENSION ja stark überschätzt, da zu vorhersehbar. Die Macher von [REC] sagen mir wiederum (leider) gar nichts :(

Flo Lieb hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Lost in Imagination hat gesagt…

Balagueró? Eine echte Größe mittlerweile. FRAGILE, THE NUN, DARKNESS, THE NAMELESS...

Inwiefern ist HIGH TENSION vorhersehbar?

Flo Lieb hat gesagt…

Die Auflösung SPOILER dass das Opfer der Täter ist SPOILER ENDE ist ja inzwischen ausgelutscht bis zum geht nicht mehr.

Das spanische Kino scheint nicht so mein Fall zu sein, alle die genannten Filme sagen mir nichts - sollte ich vielleicht mal ändern.

Lost in Imagination hat gesagt…

Naja, aber das ist doch keine Auflösung in dem Sinne. Schließlich macht HAUTE TENSION gar kein Geheimnis draus. Besser noch, er verarscht das Ganze, in dem er das Ende ja schon nach wenigen Sekunden des Films ausplaudert...(SPOILER "I was in a forrest. I hunt myself", dazu das Bild als sie durch den Wald rennt). Sehe das also nicht als Schwäche des Films.