Mittwoch, Februar 21, 2007

DVD: FLANDRES

Jeder Krieg ist anders, jeder Krieg ist gleich. Diese bedeutungsschwangeren Worte fallen im Film JARHEAD ein paar Mal, dabei hätten sie soviel besser in Bruno Dumont’s neustes Werk gepasst. Was auf den ersten Blick ausschaut wie die immer wiederkehrende Einzelgängergeschichte gepaart mit den gängigen Rastern des Antikriegsfilms, verwandelt sich schließlich in ein genickbrechendes Einsamkeitsdrama.

FLANDRES beginnt als Sex Allegorie a la Breillat, zieht auf das Schlachtfeld und ähnelt in manchen Einstellungen Ki-Duk’s COAST GUARD. Deswegen kann man nicht behaupten, das Arthousekino hätte so etwas noch nie gesehen. Doch Dumont will man nicht wirklich böse sein, schließlich bedient er sich in der ersten Hälfte nur (gelungen) bei Kollegen, um in der zweiten sein eigenes Feuerwerk zu entfachen. Und das gelingt ihm dann auch. Leider kommt FLANDRES nur langsam in Fahrt, was sicher zum Teil der Erzählung gehört, den Zuschauer jedoch unnötig ausbremst. Solide wird sich durch das Kriegsterrain geschlängelt, gekonnt eine Dreiecksbeziehung in Gang gebracht. Herausragend wird FLANDRES jedoch immer nur dann, wenn er eigene Wege beschreitet. Das tut Dumont auch, als er den physischen Krieg zu einem psychischen mutieren lässt, der auch bzw. gerade die weibliche Hauptperson befällt.

FLANDRES handelt von dem Kampf einer Frau, die krampfhaft nach Idealen und einem eigenen Stellenwert sucht, sich dabei aber selbst verliert. Er handelt von einem Mann, der den inneren Krieg um Liebe und Geborgenheit bekämpft, indem er einen realen austrägt. Wenn beide Welten aufeinander prallen und sich gegenseitig entwaffnen, schafft Bruno Dumont Filmkunst. Schade nur das bis zu diesem Punkt viel Zeit verloren geht.
6-7/10

Kino: THE FOUNTAIN


Mochte Aronofskys Bildsprache und die meditative Stimmung auf Anhieb. Teilweise liefert er wirklich poetische Szenen zum Kreislauf des Lebens, emotional engagiert weil ich selten mit einem Filmpaar mehr mitgefiebert habe. (Vielleicht weil ich finde das Weisz und Jackman gut zusammen passen) Was mich letzten Endes stört, ist der esoterische Einschlag. Einen Hauch von Großenwahn in Verbindung mit belehrender Geschwätzigkeit kann ich THE FOUNTAIN (teilweise !) leider nicht absprechen. Macht unterm Strich aber nichts. Der Score, die Bilder und die Darsteller sind fabelhaft. Außerdem mochte ich das Gefühl mit dem uns Aronofsky nachhause entlässt. Selten so ausgeglichen und beruhigt aus einem Kinofilm gekommen. THE FOUNTAIN besitzt eine durch und durch magische Grundstimmung, in die man sich auf Anhieb verliebt. Dem Film ist hoch anzurechnen, dass die schwierige Thematik nicht zu einer verkitschten Seifenoper verkommt, sondern stets glaubwürdig und ernsthaft bleibt. Großes Kino, welches im Kopf weiter reift und so erst ein paar Tage später beim Höhepunkt angelangt.
8/10

Dienstag, Februar 20, 2007

Trailer: THE SIGNAL

Scheint ein schöner, kleiner, fießer Film zu werden:

Dienstag, Februar 13, 2007

Kino: I'M A CYBORG BUT THAT'S OK

Junge Frauen kämpfen häufiger mit Identitätskrisen. Oft liegt dies an ihrer Umwelt, wie sie aufwachsen oder was sie vorgelebt bekommen. Wenn ein kleines Mädchen von einer Frau aufgezogen wird, welche davon überzeugt ist selbst eine Maus zu sein, kann dies nur im Desaster enden.

Um sich selbst, aber auch ihrem Leben einen Sinn zu geben, spinnt sich Young-gyun (Su-jeong Lim - …ING, TALE OF TWO SISTERS, SAD MOVIE) zusammen, sie wäre ein Cyborg. Munter werden Batterien geleckt, Konversationen mit Deckenflutern geführt und Roboter Leit-Regeln gelernt. Klar, dass ihre Mitmenschen die Konventionen des Cyborg-Daseins nicht verstehen, was die Einweisung in eine psychiatrische Anstallt mit sich zieht. Dort angekommen, weckt sie schnell das Interesse des vermeidlichen Meisterdiebes Il-sun (J-Popstar Rain), der denkt er könne die Seelen anderer Menschen rauben.

Zugegeben, einen ungewöhnlicheren Film hätte Chan-Wook Park nicht drehen können, um sich von seinem bisherigen Image zu lösen, bzw. aus dem Genre des Rachedramas auszubrechen. Park, der mit JOINT SECURITY AREA, SYMPATHY FOR MR. VENGEANCE, OLDBOY und LADY VENGEANCE echte Monolithe ihres Genres geschaffen hat, will nun weg vom Titel des Rachebarons. Was läge da näher als eine romantische Tragik-Komödie, die auf den ersten Blick so ziemlich alles über den Haufen wirft, was wir bisher von Monsieur Park gewohnt waren. Und doch wimmelt es nur so von parkschen Elementen: Sein heiß geliebtes Intro, das auch hier wieder einmal visuelle Freude bereitet oder auch die Liebe zu seinen Charakteren. Hier führt er sie ähnlich wie in LADY VENGEANCE ein, was sicherlich ein wenig behutsamer hätte passieren können. Aber noch einen Punkt gilt es zu beachten: Wie in allen seinen Filmen gibt Park auch im CYBORG nie seine Figuren auf. Egal wie verdreht sie auch sein mag, Park stellt sich zu zweihundert Prozent hinter sie. Da es in einer abgedrehten Rom-Com wie dieser einfacher ist mit der Protagonistin zu fühlen als in einem Drama, in dem sich die Hauptperson auf einmal als Oberfießling outet, sollte klar sein.

So wuschelig, verspielt, liebenswert und verrückt I’M A CYBORG auch sein mag – An Ernsthaftigkeit fehlt es ihm nicht. Für den ersten Ausflug in das unerforschte Genre sind kleinere Macken verzeihlich. So übersteigert Park einige Situation (z.B. den Shootout) zum Teil so stark, dass der Zuschauer im Fußraum des Kinosessels nach dem Bremspedal suchen möchte. Glücklicherweise kommt dieses dann immer noch rechtzeitig von Seiten des Regisseurs. Zwischen all dem „kinky Stuff“ kommen dann sogar echte Blüten zum Vorschein: Szenen die intensiver, ergreifender und ganz einfach auch schöner sind als all der Müll welcher jährlich auf den asiatischen Markt geworfen wird und sich frecher weise auch noch Romantic Comedy schimpfen darf. Wunderbar wie Park z.B. die gute alte Valentinskartenposse ummodelliert und zu einem äußerst herzhaften Lacher umfunktioniert. Außerdem hat wohl selten ein Mann auf entzückendere Weise die Tür zum Herzen einer Frau geöffnet.

I’M A CYBORG BUT THAT’S OK hat definitiv seine Schwächen. So hätte man an einigen Stellen gerade gegen Ende ein paar Kürzungen vornehmen können. Ebenso kann man sich gut vorstellen wie viel stärker die emotionale Bindung zu der Hauptfigur hätte sein können, wenn man den Coming-Of-Age Teil intensiviert hätte. Aber auch so kommt gut zur Geltung in welchem psychischen Vakuum Young-gyun steckt und wie schwer es ist ohne eine genau Perspektive aufzuwachen. Das sie furchtbare Angst hat in diesem wilden Strudel unterzugehen und sich deswegen dem übernatürlichen Cyborgmotiv zuwendet, der nun mal als höhere Lebensform über der Mehrheit des Volks liegt, ist dank mangelndem Background vielleicht nicht ganz so einfach. Doch das Park nicht ständig an unsere Menschlichkeit appelliert, in dem er uns vorwirft wir hätten den Sinn dafür verloren, dass wir nur als Einheit funktionieren, macht das ganze viel erträglicher. Schließlich steht nie zur Debatte das beide zu Unrecht in der Anstallt sitzen. Genau das könnte der Grund sein wieso Chan-Wook Park’s Figuren die liebenswertesten Spinner sind, die die Kinoleinwand seit langer Zeit zum Vorschein brachte.

Unterm Strich kann I’M A CYBORG sicher nicht als neue Mutter der koreanischen Tragik-Komödie bezeichnet werden. Festzustellen ist aber das Park wie zuvor mit visuelle und akustische Perfektion davon überzeugt, was für ein großartiger Regisseur er ist und mit welcher Leichtigkeit er nahe zu jeden Stoff genregerecht verfilmen kann, selbst wenn er verschiedene Genre vermischen muss. Wer sonst schafft es ein Massaker in Szene zu setzen und den Zuschauer trotzdem für keine Sekunde aus der Ruhe zu bringen?
8/10

Dienstag, Februar 06, 2007

Kino: BABEL

Ein wenig enttäuscht bin ich schon. Hatte mir von Alejandro González Iñárritu’s neustem Werk wesentlich mehr versprochen. Es ist zum einen die Geschwätzigkeit, mit der BABEL zu Buche schlägt, die für mich einen gewissen Teil des Nerv-Faktors ausmacht. Dramen über Kommunikation sind eine feine Sache. Doch 2006 schaffte es bereits Isabel Coixet dieses Thema angemessen zu verfilmen, ohne dabei auf visuelle Dampfwalzen zu setzen, auf die Iñárritu nicht verzichten konnte. Die vielleicht brillanteste Szene stellt somit auch das größte Ärgernis dar: Die Yuppies sitzen im Bus und betrachten durch die dicke Glasscheibe Armut & Kargheit – ein Leben am existenziellen Nullpunkt, als wären sie im Londoner Zoo. Eine Szene weiter ist die Magie verflogen, weil der dicke, reiche, weiße Mann sich nicht für die Unterschicht interessiert und schnellst möglich aus diesem Umfeld verschwinden will. Dieses Klischee reizt Iñárritu bis ins Unerträglichen aus, sodass der Zuschauer den moralischen Zeigefinger schon fast auf der Stirn spüren kann.

Überhaupt ist BABEL eine große Ansammlung genialer Einzelszenen, die in der Tokyo-Episode mit dem dazugehörigen Discobesuch ihren Höhepunkt erreicht. Hier sind die Vorzüge des Regisseurs am greifbarsten, weil Iñárritu das perfekte Timing liefert. Überhaupt empfand ich den Japanteil als den stärksten, weil dieser nicht nur über eine super Nachwuchsdarstellerin verfügt, sondern auch einen ganz eigenen Mood mitbringt. Die anderen beiden verbrauchen zu viel Zeit damit ein Worst-Case-Szenario aufzubauen und Phrasen zu dreschen. Darstellerisch kann man BABEL nicht viel vorwerfen, musikalisch aber umso mehr. Was Santaolalla (der mir von BROKEBACK MOUNTAIN noch so positiv im Ohr lag) hier geritten hat, weiß ich nicht. Ich empfand seinen Score jedenfalls als äußerst anstrengen und nervig.

Jetzt bin ich wieder nur am wettern. Unterm Strich ist BABEL ja auch kein schlechter Film, weil es einfach sehr viele stimmige Komponenten gibt. Der Film wächst jedoch durch genauere Betrachtung dieser Bausteine mehr, als durch seine eigene Erzählung. Diese ist nämlich sehr zäh, teilweise sogar ermüdend. Alles das, was uns BABEL vermitteln will, leiert sich ab einem gewissen Punkt tot. Hätte der werte Regisseur nicht schon zwei Filme mit ähnlichen Gesichtspunkten gedreht, käme BABEL sicherlich noch ein Stück besser weg. Auf derart ausschweifende Wiederholungen habe ich allerdings keine große Lust.

gnädige 6/10

Sonntag, Februar 04, 2007

DVD: HAVEN

Der Trailer ließ definitiv schlimmeres vermuten. Rausgekommen ist eine hyper stylische Kriminalgeschichte mit eingewobenem Beziehungsdrama. Um die Frage vorweg zunehmen: Dies hat nur sehr bedingt funktioniert. Die Schnitte und Übergänge zwischen den beiden Geschichten sind oft sehr grob, was wiederum gar nicht zum durchgestylten Rest passen will. Denn wenn hier etwas hervorzuheben wäre, dann sicherlich die traumhaften Kulissen und die perfekte Symbiose aus Bild und Musik, welche fast schon tagtraumhafte Ausmaße annimmt. Der Look passt sehr gut zu dem was uns Flowers erzählen will: Hier im Paradies sind die Unterschiede im Gesellschaftsfeld krasser denn je. Stinkreich existiert neben bettelarm - dazwischen gibt es keinen Platz. Die Kameraspielchen unterstreichen diesen Kontext immer wieder gelungen, beispielsweise wenn von einer klinisch sterilen Yacht auf eine dreckige Straße in den Slums gefilmt wird.

Das alles wird in HAVEN optisch ansprechend aufbereitet. Leider fehlt es dem Thrillerelement an "Drive", um wirklich spannend zu sein und dem Dramaelement an emotionalem Druck, um ans Herz zu gehen. Das Drehbuch wird mehr oder weniger wischi-waschi nach unten gebetet, bis am Ende dann schließlich die Credits einsetzen. Im Endeffekt war das ganze durchaus okay, nicht einmal Orlando Bloom ist negativ aufgefallen. Um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen fehlt es HAVEN aber einfach an Biss, sodass er sich eher für einen freien Sonntagnachmittag empfiehlt als für die Samstagabendvorstellung.
5-6/10