Samstag, März 11, 2006

"Shopgirl" - I guess thats Life


Mirabelle (Claire Danes) steht an ihrer Handschuhtheke im Kaufhaus und träumt vor sich hin. Ihr Leben fühlt sich so leer an, ihr herz so nutzlos wenn sie es keinem schenken kann. Was Mirabelle nicht weiß: Schon bald werden 2 Männer in ihr Leben treten. Beide sind von Grund auf verschieden, haben nur gemeinsam das sie um die Hand der schönen Handschuhverkäuferin anhalten. Für wen wird sie sich entscheiden? Jeremy (Jason Schwartzman), der Junge der noch nicht Mann ist, oder Ray (Steve Martin), Der Mann der nie aufgehört hat ein kleiner Junge zu sein.

So die Ausgangssituation des Films. Was auf den ersten Blick recht simpel anmutet ist es auf den zweiten gar nicht. Aus einer eher konventionellen Story machen Drehbuchautor Steve Martin und Regisseur Anand Tucker etwas sehr interessantes. Shopgirl nimmt nie den Weg der für sich selbst der Einfachste gewesen wäre, genauso wenig nimmt er jene die von Genrekollegen tot getrampelt wurden oder vom Zuschauer vorausgesagt werden können. Das Drehbuch strotzt nur so vor wunderbaren kleinen Ideen. Immer wieder gibt es sehr unterhaltsame kleine Ecken, die aber nie die Überhand bekommen. SHOPGIRL ist zwar den RomComs zuzuordnen, kann aber am ehesten mit Sofia Coppola’s LOST IN TRANSLATION verglichen werden, wenn es um die Art des Films geht. Überwiegend ist der Film eher melancholisch und leise, an Coppolas Meisterwerk kommt SHOPGIRL dabei nicht ganz heran. Dafür sind es auch etwas andere Dinge die SHOPGIRL auszeichnen.


Der Cast ist hervorragend gewählt: Steve Martin ging mir zum ersten Mal nicht auf den Zeiger, weil er sich nicht in eine hohle Rolle quetschen musste sondern sein Abbild spielen konnte. Das schafft der Mann mit Bravur, wie soll es anders sein. Jason Schwartzman spielt wie immer einen eher nervigen Zeitgesellen, passt also ebenfalls super ins Bild. Mein eindeutiger Star ist aber dennoch Claire Danes. Nach einiger Abstinenz meldet sie sich nach STAGE BEAUTY nun auch in SHOPGIRL zurück, beweißt dass aus dem Mädchen längst eine Frau geworden ist. Sie hat dieses einzigartige Etwas. Sie hat die Fähigkeit innerhalb von Sekunden aus einer gebrochenen, ungeliebten, depressiven Frau eine selbstbewusste, glückliche Lady zu machen. Das ist Schauspiel der aller höchsten Güteklasse und alleine dafür wäre der Film schon sehenswert.

Doch es sind andere Punkte die für mich aus SHOPGIRL ein Highlight machen. Ich habe schon lange nicht mehr so warme, einfühlsame Bilder gesehen wie in diesem Film. Die ausgeleuchtete Dunkelheit macht aus Mirabelle ein ungeheuer mysteriöses Wesen. Der Zuschauer würde so gerne in ihr inneres blicken um zu sehen was mit ihr nicht stimmt. Das trägt natürlich auch maßgeblich dazu bei das uns die junge Dame sehr ans Herz wächst, hingegen Ray und Jeremy weniger, auf Grund der Art wie beide sie behandeln. Das ändert sich bis zuletzt nicht, immer bleibt bei den Männern merkwürdiger Beigeschmack. Hier sind wir dann auch an einem Punkt angelangt der mich etwa störte. Der Selbstfindungstrip von Jeremy war für meinen Geschmack etwas zu lang und zu uninteressant. Immer wieder wenn wir an diese Szenen weitergereicht werden, wollen wir doch eigentlich nur so schnell wie möglich wieder zu Mirabelle und Ray. So kommt es, dass diese Szenerie trotz ihres Humors eher negativ auffällt.

Zitat Spoiler !

Mehr gibt es aber von meiner Seite aus nicht zu meckern. Gerade in der letzten halben Stunde geben sich die grandiosen Szenen die Klinke in die Hand. In einem wirklich ergreifenden Setting, unterlegt mit Steve Martins Worten als Erzähler entsteht hier etwas ganz großes.

“Some nights along, he thinks of her.
And some nights along, she thinks of him.
Some nights these thoughts occur at the same
moment, and Ray and Mirabelle are connected
without ever knowing it.”



SHOPGIRL entlädt auf einmal soviel Wärme und Menschlichkeit das man in diesem Moment am liebsten die zeit anhalten würde. Zu gerne würde man diesen Punkt festhalten und nicht mehr loslassen. Als die letzten Sätze aus dem Off kommen möchten wir dem Erzähler am liebsten auf die Schulter klopfen und sagen: Wie wahr, wie wahr. SHOPGIRL ist für mich die gelungenste RomCom seit Jahren. Hier steckt so viel Liebe zu den eigenen Figuren mit drinnen, die Musik ist einfach hinreißend und die Darsteller spielen großartig. Mag der Film auch an manchen Stellen etwas merkwürdig handeln oder handeln lassen. Ich jedenfalls will diese Kleinigkeiten nicht einem Film vorwerfen, der mich neben der Unterhaltung auch emotional packen konnte und mir für mein weiteres Leben eine wichtige Erkenntnis zurück ins Gedächtnis ruft. Ein wunderbarer Film über Liebe, Nähe und Eingeständnisse an sich selbst. Menschen wirken immer.

“As Ray Porter watches Mirabelle walk away,
he feels a loss. How is it possible, he thinks,
to miss woman…whom he kept at a distance, so that
when she was gone…he would not miss her?

Only then does he realize how wanting part of her…
and not all of her had hurt them both, and now he
cannot justify his actions expect that that…

well, it was life.”
9/10

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