Montag, Mai 22, 2006

Kino: THE DA VINCI CODE


So lange wurde der Film diskutiert und herbei gefiebert, solange galt er als eindeutiger Favorit des Kinojahres 2006. „Viel Lärm um Nichts“, sagte Herr Ebert nach der Premiere in Cannes und traf den Nagel damit mal wieder auf den Kopf. Der DAVINCI CODE ist im besten Fall ein halbwegs solider Popcorn-Thriller geworden.

Ron Howard begeht wie so oft in seinen Filmen grundlegende Fehler, was die Ausarbeitung seines Stoffes angeht. Wehrend er in APOLLO 13 oder CINDERELLA MEN die gesamte Geschichte überemotionalisierte und mit einer erdrückenden Prise Sentimentalität würzte, sind es hier zum Glück leichter erträgliche Macken. Anstatt eine Atmosphäre auszubauen, setzt Howard auf dunkle Kulissen und Mondlicht. Er versucht zwanghaft eine künstliche zu erschaffen, da von alleine keine aufkommen will. Wie denn auch? Ron Howard scheint Dan Brown’s Buch staffellaufartig abzurennen, sodass selbst jene die Brown’s Buch nicht kennen merken: Hoppla, hier befinden wir uns gerade im Zeitraffer. Selbst auf sein „Who is Who“ der Schauspielerriege kann er sich leider nicht ganz verlassen. Wehrend Audrey Tautou noch eine halbwegs solide Leistung abgibt, kann eigentlich nur Ian McKellen richtig begeistern. Ihm ist die Rolle des Gral-Junkies wie auf den Leib zugeschnitten. Jean Reno spielt wie immer die ihm vertraute Kommissaren-Rolle, Tom Hanks bleibt wie auch in den Filmen zuvor Tom Hanks. Beide sind viel zu gerissen was ihre Rollenauswahl angeht, als das sie sich hierbei ihre Filmographie versauen würden. Sicher dürfte man beide schon in größeren Rollen beäugeln, diese hier bilden ein gewisses Neutrum an schauspielerischer Qualität.

Ein weiterer Haken ist, dass Dan Brown’s Vorlage, ein guter Thriller hin oder her, ziemlich hanebüchen ist. Man muss schon ein gewisses Maß an Naivität mitbringen, um am Ende von der Story überrollt zu werden. Fängt man jedoch an den Film zu hinterfragen, wirkt die Grundthematik im höchsten Maße lächerlich. Mögen die verschiedenen Plottwists im Buch ihre Wirkung besitzen. Im Film funktionieren diese eher mäßig. Ron Howard kaut uns alles vor, lässt die Hinweise auf den Kern der Geschichte viel zu oft aufblitzen. Für Thrillerfreunde gibt es wenig zum miträtseln. Verbringen die Darsteller ihre Zeit einmal nicht damit dem Zuschauer haarklein jeden ihrer Handlungsabläufe zu erläutern („Wir müssen untertauchen“), was natürlich in howardscher Manier durch hölzerne & teils sinnfreie Dialoge erfolgt, finden wir sie in ungewollter Situationskomik wieder. Als Tom Hanks den „großen“ Code knackt und die Symbole durch den Raum fliegen oder aufleuchten, erinnert das nicht nur unheimlich an den gefühlsdusseligen A BEAUTIFUL MIND, sondern besitzt auch dessen arrogante Wichtigtuerei. Würde sich THE DAVINCI CODE nämlich nicht so bierernst nehmen, wäre der Schaden an einigen Stellen wohl geringfügiger. Doch THE DAVINCI CODE hält sich selbst für die größte Offenbarung der Menschheit. Das Ende setzt dem ganzen noch die Krone auf.

Doch es ist nicht alles schlecht an Ron Howard’s Film. Der Hans Zimmer Score ist wohl das atmosphärischste am ganzen Film. Wunderbar düster und elegant schleicht sich die Musik durch den Film, sorgt manchmal für ein mulmiges Gefühl in der Magengegend. Auch weiß es Howard seine Bilder zu arrangieren. Das Versteckspiel in der Galerie wurde perfekt in Szene gesetzt. Und doch hätte Ron Howard, wäre er ein guter Regisseur, dankend ablehnen müssen. Läge ihm soviel an dem Wälzer, den man wohl selbst in 3 Stunden nicht ausreichend verfilmen kann, hätte er doch lieber einen Film über Symbolik und ihre (Über-) Interpretationsfreiheit gedreht. Dieser kleine Aspekt am DAVINCI CODE war für mich immer noch der interessanteste. 5/10

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Daß ein derart fundamentaler Angriff auf die Vermittlung mit derart plumpen Mitteln funktionieren kann, weist darauf hin, wie groß die Gefahr massenhafter Verbreitung von Verschwörungstheorien derzeit ist. Daß vieles in Buch und Film keinen rechten Sinn ergibt, daß die Rätsel alle sehr ähnliche Lösungen haben, daß Opus Dei als Reaktion auf die einsetzende Flut von Drohungen und Verdächtigungen maximale Transparenz praktiziert - all das wirkt dank verschwörungstheoretischer Aufbereitung eher noch unterstützend.

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