Samstag, März 25, 2006

"The Hills have Eyes" - California Dream


Die Einöde. Der Wohnwagen der Familie Carter & Bukowski hält gerade an einer verlassenen Tankstelle mitten im Nirgendwo. Es heißt, wenn die nach 2 Meilen die befestigte Straße verlassen und durch die Hügel fahren, machen sie mindestens 2 Stunden gut. Gesagt, getan. Nachdem die Familie jedoch durch eine Wagenpanne in der Pampa festsitzt, verdunkelt sich der Horizont. Sie sind nicht alleine. Es scheint als würden sie aus den Hügeln und den Schluchten von jemandem beobachtet. Als sich der Verdacht aber als wahr erweißt, gibt es schon kein Entkommen mehr: Willkommen zum Remake des Klassikers „The Hills have Eyes“.


Nein, meine Skepsis diesem Film gegenüber legte sich ziemlich rasch als ich das erste Mal den Namen des Regisseurs erblickte. Alexandre Aja gab mit seinem „Haute Tension“ sozusagen die perfekte Bewerbung für diesen Posten ab, da dieser für mich zu den mit Abstand besten Genrefilmen des letzten Jahrzehnts gehört. Eins war klar: Das Remake würde wohl kein Sonntagsspaziergang werden, selbst wenn Aja diesmal mit einem großen Studio zusammen arbeitet. Und so kam es dann auch. Monsieur Aja stößt mit seinem Remake wohl so ziemlich jedem lahmen und spannungsarmen Teenie-Horrorfilm der letzten Jahre vor den Kopf, nachwirkend kam mir nur zu oft der Slogan zu SLITHER in den Kopf: „They all were for pussies.“. Sicherlich hat das ganze etwas vom „Höher-Schneller-Weiter“-Prinzip, funktioniert aus verschiedenen Gründen jedoch ausgezeichnet. Was als erstes begeistert ist wohl die Detailverliebtheit der Sets und die wunderbare Optik von THE HILLS HAVE EYES. Die Kamera schafft eine sehr unwohlige Atmosphäre, die staubige und triste Landschaft der Berge, Ebenen und Kratern wirkt ihr übriges. Hier gibt es zunächst keinen Baum und keine Ecke hinter der ein Scherge hervorspringen kann. Das ist einer der wesendlichen Vorzüge des Hügel-Remakes, auch wenn dieser später die Örtlichkeiten wechselt. Dafür macht uns THE HILLS HAVE EYES schon in der ersten Szene unmissverständlich klar, in welche Richtung der weitere Weg führt. Aja stellt die Gewalt hierbei so dar wie sie ist: kalt, grausam, bestialisch und dreckig. Von Gewaltverherrlichung kann daher wahrlich nicht gesprochen werden.

Leichte Spoiler ab Hier…

Besonders angetan bin ich davon, wie es Aja schafft das Original zu huldigen, seinem eigenen Stil treu zubleiben und dabei auch noch feine, bissige Seitenhiebe auf die US-Regierung und den amerikanischen Durchschnittsbürger zu starten. Zugegeben, subtil ist etwas anders. Aber Alexandre Aja setzt seine Kritik zu charmant in Szene, als das man ihm dafür böse sein könnte. So ist der Familienhäuptling mit seiner Meinung, eine Waffe könnte jeden Konflikt lösen genau so herrlich überzogen wie mutierte Kerlchen im Schaukelstuhl, das die Schuld für die Katastrophe lieber bei anderen sucht, weiter die Nationalhymne zwitschert und nicht checkt das es auch SEINE Regierung war, die ihn verarscht und im Stich gelassen hat. Als wären diese Karikaturen nicht genug, ist es am Ende auch noch der Pistolenlose Demokratenlooser der die Familienehre rettet. (Endet übrigens in einer grandiosen Einstellung die sehr an BRAIN DEAD erinnert und durch wunderbar ironische Musik unterlegt ist.)


Frei von kleineren Mängel ist THE HILLS HAVE EYES nicht. Des Öfteren muss man ein Auge zudrücken, wenn es um Handlungsabläufe oder allgemein die Logik geht. Ja, es wird auf Klischees herumgeritten. Doch sollte man Aja ein in Betracht des Remake-Motives ein gewissen Freikontingent einräumen, da sie schon irgendwie zu den Filmen dieser Zeit passten und gehörten. Der 2. Punkt ist die leider etwas zu lange geratene Einleitung. Eine Straffung von ca 10 Minuten hätte dem Film gut getan, da er Anfangs doch etwas vor sich hin plätschert. In einem solchen Genrefilm sind das jedoch Punkte die man hinnehmen kann. Es gibt genug Einfälle welche kleinere Eskapaden wieder ausgleichen: Der spielt nicht zwar nicht in den 70ern, stellt aber ganz offensichtlich eine Hommage an sie und das Original dar. Ein wirklich sehr netter Einfall. Zum anderen ist es der enorme Spannungsbogen den THE HILLS HAVE EYES auf so trickreiche Weise ausführt, und der manchmal kaum zu ertragene Maße annimmt. Es gibt speziell 2 Szenen die an Spannung nur schwer übertroffen werden können: Die Szenerie in und um den Wohnwagen bei Nacht und das Finale im verlassenen Wüstenkaff. Aja besticht gerade bei letzterer einmal mehr durch das was er am besten kann: einen grundsoliden Slasher zu inszenieren. Wobei auch der Blutarme Teil zu überzeugen weiß.

Spoiler Ende

THE HILLS HAVE EYES kann man so also getrost auf dem Konto der „gelungenen“ Remakes verbuchen. Das Setting und die Ausstattung sind einfach hervorragend. Der Mut von Fox Search Light, auch ein hohes Rating nicht zu scheuen zahlt sich auf jeden Fall aus. Bis auf THE DEVILS REJECTS (den ich insgesamt für gelungener halte) gab es im Kino schon lange nicht mehr etwas so erbarmungs- und kompromissloses zu sehen. Alexandre Aja schafft es seine Zuschauer auf längeren Zeitraum zu terrorisieren und an ihre Urängste zu appellieren. Das Original schaffte es auch die Hügelfraktion gebührend einzuführen und sie uns nahe zu bringen, hat vielleicht auch besser aufgezeigt, das es das friedlich schlummernde Hinterland nicht gibt. Daran scheitert Aja, dafür inszeniert er den Stoff zeitgemäß und ansprechend. 8/10

8 Kommentare:

Scarlettfan hat gesagt…
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Scarlettfan hat gesagt…

So, zweiter Versuch. Wollte eben meinen Post editieren, weil sich da ein falsche Aussage eingeschlichen hat, aber ich konnte nur ganz löschen, irgendwie.

Also nochmal:

Das Singen der Nationalhymne wird ganz anders dargestellt. Der Typ singt sie mit verbitterter Ironie (gerade *weil* er sich von Amerika verarscht fühlt).
Und man bedenke auch, dass er sarkastisch singt:
"And the rockets' red glare, the bombs bursting in air,
Gave proof thro' the night that our flag was still there."

Diese Zeilen haben für ihn als Bewohner des atomaren Testgeländes ja eine ganz andere Bedeutung, als für den Autor der amerikanischen Hymne... Man merkt also ganz klar den Sarkasmus, mit dem er hier singt.
Und ja, er sucht die Schuld bei Anderen - nämlich beim amerikanischen Establishment, das dieselben Werte verkörpert, wie auch der John Wayne-Familienvater, den sie ja stellvertretend für's konservative Establishment umbringen und ihm seine eigene US-Flagge ungespitzt in den Schädel rammen.

Noch in einem Punkt darf ich Dir widersprechen. Ich fand den Anfang nämlich gar nicht zu lang, sondern cool und sinnvoll (wie schon bei HOSTEL, wo Du ja auch über den Anfang geschimpft hast). Du bist doch Fan des Arthouse Kinos, oder nicht? Da stört Dich die Langsamkeit also nicht, aber bei einem Splatter kann es Dir nicht schnell genug gehen, bis Action kommt? Das meine ich jetzt nicht böse, ehrlich. Finde es nur interessant. :-) Woran liegt's?

Ansonsten aber Zustimmung zu Deinem Text. Finde Deine Kritik gut gelungen und lesenswert. Kann mich bei den meisten Deiner Punkte anschließen. Ich fand den Film ja bekanntlich auch recht klasse. Mehr davon! *g*

Lost in Imagination hat gesagt…

Du wirst lachen, das mit der Hymne habe ich tatsächlich so gar nicht mit bekommen. Schon krass, hatte ich doch eine klare Aussage Aja's dort gesehen. (jedenfalls anders)

Was den Anfang angeht: Im Arthouse schätze ich die Langsamkeit, wenn sie mir denn etwas sagen kann oder will. Der Anfang hier ist doch eher unnötig in die länge gezogen und bleibt fast inhaltsleer. (oder habe cih auch hier was verpasst?) Klar, Familien-Hass/Liebe, das kennt man ja. Die Vorgeschichte wurde ja schön in Bilder gepackt, fast identisch zum Intro von WRONG TURN. Habe gerade vorhin noch einmal HOSTEL gesehen (FANTASY FILMFEST NIGHTS) und finde auch hier den Anfang viel zulang, weil unnötig. Alles wichtige ist innerhalb von Minuten erzählt, warum dann ausschweifen und nicht gleich zum Kern der Geschichte kommen?

Scarlettfan hat gesagt…

Nee, also, Deine Meinung sei Dir ja unbenommen, aber anschließen kann mich da nun wirklich nicht, denn der Kern der Geschichte liegt ebenso in der Exposition wie auch im späteren Filmverlauf. Wenn ein film zeigen will, wie eine Gruppe Halbstarker vom (trügerischen) High Life-Paradies direkt in die Folter-Hölle kommt, und dabei eine krasse Ambivalenz erschaffen will, muss er freilich das High Life-Paradies gleichberechtigt darstellen, anstatt die Handlung gleich in der Folter-Hölle beginnen zu lassen. Das wäre doch dermaßen witzlos!

Roth macht es genau richtig: erst zeigt er in fast schon traumhaft-extatischen Szenen, wie die Jungs Dinge erleben, die einfach zu schön sind, um wahr zu sein (Sex, Drugs und Rock'n Roll soviel das Herz begehrt), nur um sie anschließend direkt in die Hölle auf Erden zu schicken. Eine brutal krasse Ambivalenz, die ja auch noch geschickt mit einem optischen Stilwechsel des Films unterstrichen wird (bei Tag erscheint Bratislava plötzlich in einem viel schäbigeren Licht, als in den schillernden Night Life-Szenen - nach der Party kommt halt der Kater).

Und die Anfangsszenen in Amsterdamer Rotlichtviertel rocken einfach. Den Fakt vernachlässigend, dass sich jeder von uns da widerfinden müsste (mal ehrlich: sind wir nicht alle schon mal nach Amsterdam gefahren - und zwar *nicht*, um mit einem Touristen-Boot über die Grachten zu gondeln oder das Van Gogh Museum aufzusuchen???), gefiel es mir, wie Roth seine Protagonisten aus einem artifiziellen Vergnügungsparadies direkt in die Hölle schickt, ohne dass die naiven Jungs überhaupt etwas checken (im Gegenteil: in Erwartung von noch mehr Dope und nackten Titten fahren sie, leichtgläubig wie sie sind, hocherfreut mit der Eisenbahn in ihr eigenes Verderben). Hat mir gut gefallen. Also, nee, nee, nee, nee, nee, ohne seine Exposition in Amsterdam und ohne die Bratislaver Night Life-Szenen wäre HOSTEL nur ein halber Film. Mag ja sein, dass manche Zuschauer das anders sehen, weil sie von der ersten Minute an Blut spritzen sehen wollen, aber gottseidank ist Herr Roth so schlau, diesem Wunsch nicht nachzukommen. Und überhaupt: warum erfreut es Dich nicht, dass Herr Roth seinen Film mit Ficken, Kiffen und nackten Titten beginnen lässt? Also, ich fand's toll.

Aber zurück zu Alexandre Aja und den Hügeln:
die Exposition von THE HILLS HAVE EYES ist bei weitem nicht so gut gelungen wie die von HOSTEL. Aja zeigt nur das absolute Minimum, was an Einführung nötig ist. Da hätte ich mir mehr gewünscht. Dennoch ist der Anfang von EYES ganz ansehnlich (allein schon die Szene mit dem Tankwart, der an der Zapfsäule Zigarre raucht, oder der lustige Dialog im Auto, oder das Ziehen von Parallelen zur amerikanischen Siedlerzeit und dem "Go West!"-Gedanken, etc.). Fand den Anfang von THE HILLS HAVE EYES also recht ordentlich und kurzweilig.

Lost in Imagination hat gesagt…

Ich nehme die erste Hälfte von HOSTEL ja auch gerne so hin wie sie ist. Mochte den gesamten FIlm, deswegen auch die Szenerie im blauen Puff Amsterdams oder die Saunaszene. Ingesamt muss ich aber sagen (und das obwohl du schon richtig liegst mit dem was du sagst), dass Roth natürlich das ein oder andere mal sachen verspricht die er nicht halten kann. Habe gerade letzte Woche ein weiteres Interview mit Eli Roth zum thema HOSTEL gesehen: Man könnte meinen er spricht von einem anderen FIlm. Und egal ob es Tarantino, Roth himselfe oder ein scheiß Festivalfutzi ist, alle versuchen aus HOSTEL den brutalsten und erbarmungslosesten FIlm auf der welt zu machen, was er für mich nicht einmal annähernd war. HOSTEL funktioniert für mich meist nur als reiner Funfilm, der zum größten Teil eher zum lachen animiert. Was mir jedoch sehr gefallen hat ist auf jeden fall jene Ambivalenz: Man hat immer den verdacht jetzt geht es so richtig zur Sache, bis Roth mal wieder arrogant die Bremse zieht und sagt: "Hier habe ich das Komando", "Ich bestimme was du siehst". Hat ja auf jeden Fall auch etwas von Folter.

Bei den Hügeln sehe ich das ähnlich. HOSTEL hat ja zumindest seine Lacher , HILLS HAVE EYES bleibt ja auch in der Erzählphase trocken und bierernst (bis auf 1,2 ausnahmen). Das Opening mit den Atomwissentschaftlern fand ich klasse. aber speziell die Zeit zwischen Autounfall und der Tatnacht war sehr ...lahm. Versteh mich nicht falsch. ZB die Szene in der unser demokratischer Looser vor dem Autofriedhof steht und es später als Twilight Zone beschreibt ist atmosphärisch klasse. Aber ich muss mir kein 5. Mal anschauen wie einer der blöden Köter abhaut und irgendein naives Familienmitglied hinterher fetzt. Aja mag hier des öfteren mit Klischees spielen, aber irgendwann ist auch mein Budget verbraucht und es fängt an zu nerven. *g*

Ich habe für mich mit HOSTEL und THE HILLS HAVE EYES 2 wunderbare Genre-beiträge erleben dürfen. Wobei zu evtl recht hast, HOSTEL ist der Film den man sich am Ende öfters anschauen kann.

Scarlettfan hat gesagt…

Roth hat gar nicht mal so Unrecht, wenn er HOSTEL als oberbrutalen Film anpreist.
Nun muss man Brutalität ja nicht immer am Grad der Visualisierung festmachen (sprich: wieviel Hektoliter Blut da fließen). Gewalt, Schrecken und Horror kann sich in einem Film ja auch auf andere Weise bemerkbar machen.
Um mich mal selber zu zitieren:
"Was auffällt: dieser Club scheint nicht nur eine komplexe Logistik sondern auch und vor allem eine Art Ehrenkodex zu haben. Immerhin gönnen sie ihren Opfern eine „Henkersmahlzeit“ in Form von Sex, Drugs and Rock `n` Roll, bevor sie sie zum Abschlachten deportieren. Wie perfide ist das denn: eine penibelst organisierte, routinierte und Regeln folgende Tötungsmaschinerie mit dem bloßen Ziel, die Machtgelüste und die Blutgeilheit ihrer Mitglieder zu stillen. Der wahre Horror von HOSTEL liegt für mich nicht in den blutigen Gewaltszenen, sondern in den bloßen Fakten, die hier präsentiert werden."

Aber ganz davon ab, fand ich auch, dass HOSTEL auch im Grad seiner Visualisierung von Gewalt nicht unbedingt zahm ist. Mal ehrlich: die Folterszenen sind schon extrem perfide! Oder auch die Racheszene in der Bahnhofstoilette (Finger abhacken und im Klo ertränken). Ebenfalls die bloße Tatsache, dass die gefolterte Japanerin nicht mit einem entstellten Gesicht weiterleben will und lieber Selbstmord begeht, anstatt zu Leben ohne den Schönheitsidealen zu entsprechen, ist schon krass makaber.

Aber ja, Roth baut auch schwarzen Humor ein:
Hi(r)nreissend komisch fand ich ja, als der eine Typ beim Foltern des Jungen auf irgendwelchen blutigen Körperteilen ausrutscht, die da am Boden liegen (wie in Splapstick-Filmen das berühmte: Hilfe, ich rutsche auf ner Bananenschale! *g*)... Aber dieser Galgenhumor ist als Comic-Relief auch bitter nötig in diesem Film.

Lost in Imagination hat gesagt…

Ich glaube aber schon das man die "visuelle" Gewalt gemeint hat. Die bananenschalen-Einlage war wirklich klasse, es war im übrigen die Kotze des Opfers ... *g*

Sicher wie das Amen in der Kirch ist aber folgendes: HOSTEL wird noch schlechter beim Kinopublikum ankommen als CABIN FEVER, schon auf Grund der falschen Erwartungen. Mich bockt es eigentlich nicht, finde es aber dennoch schade.

Scarlettfan hat gesagt…

Achso, Kotze war's. Danke für die Verbesserung. Hatte diese Szene wohl falsch in Erinnerung.