Sonntag, Juli 28, 2013

FILM // Only God Forgives (2013)















ONLY GOD FORGIVES / USA / 2013
Wertung: ★★★★★★★☆☆☆

Im wahrsten Sinne des Wortes ein Theater der Sinne. Ganz ungeniert streift Nicolas Winding Refn die Erwartungen nach DRIVE ab und kehrt wieder mehr zu den Werken zurück, in denen er schon zuvor auch Drehbuchschreiber war. Viel BRONSON, aber noch mehr VALHALLA RISING fließt durch die Adern seines neusten Films. Seine Figuren sind keine Menschen, sie sind reiner - und vor allem roher - emotionaler Access Point für sein düsteres Orgelkonzert. Standbilder, die ihre Fixierung auf unangenehme Art und Weise lösen und in Bewegungen ausbrechen.

Auf der ersten Ebene ist ONLY GOD FORGIVES ein gewaltvoller Akt der Verzweiflung - selten hatten wir es mit einem größeren Antiheld zu tun. Und noch nie hat das nun mehr standardisierte, autistische Spiel Goslings mehr Sinn ergeben. Wir gehen mit Refn weg von der Person und somit ran ans Gefühl. Ein kleiner Vortex an Stimmungen, die wunderbar durch seinen blutroten Bilderrausch beflügelt werden. Der Film fühlt sich auch in seiner zerfaserten Struktur an wie ein Fiebertraum.

Auf der zweiten Ebene ist es aber dennoch ein Film, der das Genre welches er vorgibt zu bedienen sehr gut kennt. Im Deckmantel asiatischer Rachethriller ist ONLY GOD FORGIVES am Ende  auch eine Geschichte über moralische und kulturelle Konflikte. Ryan Gosling ist der Kieselstein, der die Lawine zum Rollen bringt, als er mit der Rache-Tradition bricht. Der amerikanische Parasit, der schon allein deswegen zum Scheitern verurteilt ist, weil es das System in dem er sich eingenistet hat nicht versteht. In einer Schlüsselsequenz bekommen wir hier nebenbei auch die großartigste Kampfsequenz gezeigt, die eigentlich gar keine ist. Und noch zwei Dinge gibt es, die ich an ONLY GOD FORGIVES einfach lieben musste. Die Musik ist im positiven Sinne grauenvoll. Ich bin spätestens hier, nach DRIVE und SPRING BREAKERS Cliff Martinez verfallen. Und zum anderen ist es natürlich Kristen Scott Thomas. Wenn man sie dann mal erkannt hat, hofft man gleichzeitig ihre Zigaretten würden ewig glimmen.

Und somit kann ich unterm Strich sagen, dass auch dieser Film von Nicolas Winding Refn meinen Geschmack getroffen hat. Vielleicht auch gerade weil er der Utopie eines DRIVE-Klons (wie man es nach dem Trailer vermuten konnte) so unerhört lässig den Stinkefinger zeigt. Entschuldigung, der Film versucht nicht cool zu sein. Er ist es.

3 Kommentare:

spidy hat gesagt…

Nur die die Pfiffe und Buhrufe zwischendurch, haben mich nur davon abgehalten zum aller ersten Mal im Kino einzuschlafen.

Lost in Imagination hat gesagt…

Ich wusste, dass du mit der Cannes-Schelte kommst :) Ich kann da mittlerweile ein System erkennen. Filme die in Cannes schön breit und mit aller Ruhe gebasht werden, mag ich im Nachhinein dann doch ganz gerne. (THE FOUNTAIN und MARIE ANTOINETTE - um nur zwei zu nennen.) :)

spidy hat gesagt…

Cannes funktioniert für mich nur - meistens - bei Filmen die ich nicht auf dem Radar habe, die ich auf gut Glück Besuche oder als Lückenfüller, aber solange es diese Überraschungen geben, kann ich auch Kröten wie Only god forgives mehr als verkraften. :-)