Samstag, September 06, 2008

Fantasy Filmfest 2008, Part 1



EDEN LAKE
Um mal eines vorweg zunehmen: Die Auswahl der Eröffnungsfilme lässt durchaus zu wünschen übrig. Nach den halb garen Filmchen SEVERENCE und BLACK SHEEP nun also EDEN LAKE. Dieser ist auch nicht sonderlich innovativ, bedient sich lediglich den bekannten Backwood Slasher Konventionen, indem der Film seine Protagonisten abermals durch das (zugegeben schön gefilmte) tiefe, grüne Dickicht scheucht. Des Öfteren ertappt man EDEN LAKE dabei, wie er aus der Rahmenhandlung gelöste Szenen verpulvert, die einzig und allein dem Strecken der Filmlänge dienen. Da muss sich der Nagel im Fuss auch schon einmal falsch herum gezogen werden, damit das Publikum reagiert.

Genug gebasht. Denn an sehr cleveren und interessanten Bausteinen mangelt es EDEN LAKE nun wirklich nicht. Das Einbringen der YouTube Generation ist nicht minder interessant und wohl überlegt als die amoklaufende Kindergärtnerin, die anfangs noch versucht mit Worten der Lage Herr zu werden, schließlich aber doch zum Mordwerkzeug (bzw. der Scherbe) greift. Dieses Motiv montiert der Film ähnlich wie BRICK seiner Zeit das verschrobene Bild des Schulhofes, auf dem man eine Idylle vergebens sucht und nur auf Hass und Gewalt trifft. Das EDEN LAKE besorgt um die angeprangerte Brit-Kultur (oder Jugend im Allgemeinen?) ist, merken wir schon daran, dass der Film das Szenario nicht mit dem altfränkischen Schuld- und Sühnebrei auflöst, sonder konsequent bis zur letzten Instanz aufrecht erhält.

Irgendwie ist das ja alles ganz nett und auch nicht dumm. Die Inszenierung allerdings ist drauf und dran eine neue Bestmarke der Beliebigkeit zu erreichen. Zwischendurch wird es dann eben doch sehr mühsam. 6/10

DYING BREED
Ist in erster Linie mal wieder ein gradliniger, hausgemachter Redneck-Kannibalen-Inzest-Backwood-Film. Weiß Gott nicht besonders originell oder spannend, das weiß der Film aber auch selbst. Ohne die Liebe zu einfach gestrickten Genrehappen wie WRONG TURN, MUTTERTAG oder THE HILLS HAVE EYES kann man an DYING BREED nur schwer Gefallen finden. Die Gewaltschraube ist relativ hoch, was heute ja fast schon zur Bedingung geworden ist, die Gore-Einlagen handfest. Leider ist die Handlung so dermaßen platt das häufige Blicke auf die Uhr im Mittelteil zur Gewohnheit werden. Wie auch schon EDEN LAKE verpackt DYING BREED das Einerlei in schönen, weitläufigen Bildern des Waldes. Leider schöpft auch dieser nicht das Potential dahinter aus. Und so bleibt eben ein durch und durch beliebiger Film nach dem bewährten Schema. Wer's braucht... mir hat er nichts gegeben, auch wenn ich ihm eine gewisse handwerkliche Raffinesse nicht absprechen will. Und zumindest die Szene mit dem Karnickel war wirklich saukomisch. 4/10

DOWNLOADING NANCY
DOWNLOADING NANCY ist der erste Film des Festivals, den ich als richtig gut empfand. Der Suburbia-Clash ist sicher nicht das innovativste Thema, das ein typischer Sundance-Film zu bieten hat. Aber hier vermischt sich dieser mit dem grandiosen Schauspiel der drei Hauptdarsteller und den hypnotisch unterkühlten Bildern von Christopher Doyle. DOWNLOADING NANCY bedient sich gleich einer Vielzahl an Motiven: Die traumatisierte Ehefrau will hier nicht einfach raus aus ihrem Käfig, sie will ein Ende. Das bekommt der Zuschauer recht schnell zu spüren, dennoch schafft er es nicht sich für einen der Optionen zu entscheiden. Hier liegen die Stärken von DOWNLOADING NANCY. Fast eine Spur zu akribisch zeigt der Film auf, das du nicht lieben darfst, was du zu quälen versuchst und das du nicht bereinigen kannst, was du vorher mühsam getrübt hast. Ich mochte das. Eben auch weil der Film mehr Gedankensammlung als Spielfilm ist, dafür ist er auch zu unfilmisch. DOWNLOADING NANCY bedient sich der Gedanken und Gefühle seiner Protagonisten ähnlich wie auch PARANOID PARK, welcher in diesem Feld die Nase fast noch ein Stück weiter vorne hat. Dennoch kann ich dieses melancholische, langsame, triste Machwerk nur weiterempfehlen. 7/10

MARTYRS
Sind wir mal ehrlich: MARTYRS ist ganz fauler Budenzauber. Ich lasse das ganze "To-Hard-To-Alive" und "Sickest-Movie-Ever"-Gedöns jetzt einfach mal im Regen stehen und gehe ganz nüchtern an die Sache ran. Die erste Hälfte ist wirklich großartig. Nein, nicht verlesen, großartig. Die Inszenierung lässt keine Wünsche offen. Schnell, spannend, nervenzerrend und einleuchtend. In Rund 10 Minuten ist das Feld abgesteckt, sodass sich Pascal Laugier schnell um das Wesentliche kümmern kann. Dabei bleiben die Motive weitgehend plausibel - ob richtig oder falsch sei dahin gestellt, das lässt auch der Film offen - und stellenweise sogar erschreckend einfühlsam. Überhaupt ist MARTYRS durch und durch depressives Leidenskino.

Bis hierhin. Doch dann macht der Film einen spürbaren Schnitt. Die Kamera ist nicht länger mittendrin, sondern nur noch stiller Beobachter. Der 2. Akt des trockenen Franzosen wirkt schrecklich aufgebläht, so als hätte man hier einen brauchbaren Kurzfilm unnötig aufgeblasen. Und ich verstehe einfach nicht was den Mann geritten hat. Er lässt sämtliche Motive fallen, verliert sich in gefährlichen Folterwiederholungen, die nur deshalb eingebaut wurden, um sich ein Alleinstellungsmerkmal zu sichern. Ja, MARTYRS ist grausam, er ist die visuelle Annäherung an physische Ausnahmesituationen. Gerade in Verbindung mit dem unglaublich lästigen Sekten-Plot aber auch tot peinlich. MARTYRS tauscht das Rachedrama gegen ein bedeutungsschwangeres Gewaltexperiment und ist letzten Endes deshalb auch weder Fisch noch Fleisch und gerade auch wegen seines Größenwahns im letzten Drittel auf Grund gelaufen. Von mir gibt es ein leises Achselzucken. Den Karren kilometertief in den Sand gefahren. 5/10

LET THE RIGHT ONE IN
Eine Offenbarung. Ein Dialog aus Horrorfilm und Drama wie ich ihn seit Ji-Woon Kim's A TALE OF TWO SISTERS nicht mehr sah. Ich bin ganz und gar begeistert. In wunderschönen, trüben Bildern erzählt uns der Film vom täglichen Grauen des Vampirismus und der Jugend. Schmerzhaft stellt LET THE RIGHT ONE IN aber auch unter Beweis, das nur eines der beiden vergänglich ist. Somit driftet die Geschichte um die beiden Kinder nie in den Kitsch ab, der Vampirpart verliert aber ebenso wenig an Ernsthaftigkeit. Vielleicht ein Grund, wieso der Film am Ende sogar berührt. Einzig und allein die letzten beiden Szenen sind zu kritisieren, weil sie wie angeheftet schmecken. Weitaus stimmiger wäre das Bild, hätte man 5 Minuten früher einfach abgebrochen. Dennoch bleibt dies ein kleiner Tropfen auf dem heißen Stein, insgesamt haben wir es hier mit einer sehr ausgeklügelten und atmosphärischen Coming-Of-Age Parabel zu tun. 8/10

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Auch wenn ich nicht auf dem FFF war, konnte ich auch so einige Filme sehen.
Bei Eden Lake bin ich ganz auf deiner Seite, hat zuviel verschenkt, leider auch etwas zu sehr nach Schema F gedreht, aber trotzdem hat der Film seine starken Momente.

Martyrs
Ein typischer gaga Horrorfilm aus Frankreich, aber was anderes konnte und hat man wohl auch nicht erwartet.

The Broken
Da muss ich dir ganz klar widersprechen, den Film fand ich nicht besonders, weil dieser mich zur keiner Zeit in den Bann gezogen hat, somit erschließt für mich nicht die Faszination für diesen Film. Die Geschichte ist recht interessant, aber wie gesagt, da da nicht viel passiert und ich keine Spannung entdecken konnte oder auch nur ansatzweise in seinen Bann gezogen hat, somit ein Reinfall.

Donkey Punch
Da sind wir was die Wertung betrifft wieder auf eine Wellenlänge.