Dienstag, Juli 03, 2007

Kino: GRINDHOUSE


Ab dem 6. Absatz (DEATH PROOF) wird gespoilert!

Mit dem Grindhouse-Projekt nehmen sich Robert Rodriguez und Quentin Tarantino die damalige B-Movie Welle der Mitternachtskinos vor und lassen diese Zeit noch einmal aufleben. So steht es jedenfalls auf dem Papier. Ich muss zugebe, eigentlich schienen beide dafür prädestiniert zu sein. Nur warum jetzt noch einmal explizit GRINDHOUSE? Hat nicht Quentin Tarantino mit KILL BILL und JACKIE BROWN schon zwei sehr persönliche Grindhouse-Filme im ursprünglichen Sinne gedreht? Was schlussendlich dabei heraus gekommen ist weiß in der Tat zu gefallen, auch wenn es einige hartnäckige Reibungspunkte gibt.

Den Anfang macht zunächst Rodriguez mit seinem Zombiefilmchen PLANET TERROR. Optisch ist das Ganze wirkliche eine Pracht, wie eigentlich immer wenn der Name Rodriguez im Spiel ist. Es wird munter geschnetzelt, geblutet und eingesaut – wie der Herr es am liebsten hat. Nur Eigeninitiative gibt es wenig. Bei PLANET TERROR handelt es sich definitiv mehr um einen wilden Diebeszug durchs romerosche Genre, als um einen selbstständigen Film. Umso bezeichnender, dass sein Beitrag in Form von Handlungsabläufen oftmals sehr negativ aufstößt. Immer wieder braucht Rodriguez erniedrigte Weibsbilder in allen möglichen Variationen um seinen männlichen Machofiguren so etwas wie Coolness einzuhauchen. Dieser Versuch geht gnadenlos nach hinten los: Es ist nicht lustig und schon gar nicht cool, wenn eine einbeinige Frau mit ihrer improvisierten Gehhilfe penetriert werden soll, es ist ebenso überhaupt nicht komisch einer Protagonistin einfach mal die Haare rauszureißen. Von den anderen Foltermethoden, die ohne jeden Kontext im Film eingebettet sind ganz zu schweigen) Scheint als hätte da jemand eine gehörige Selbstbewusstseinsstörung.

Doch genug gewettert. Über einen gewissen Schauwert verfügt PLANET TERROR nämlich trotz eines gewissen Tempo-Vakuums (da ist einfach kein Zug dahinter) schon. Die Dialoge sind spitz und äußerst amüsant. Und optisch ist wie gesagt alles erste Sahne. So schön hat schon lange kein Film mehr geblutet. Außerdem hat dieser Film 2 unschlagbare Argumente: Marley Shelton und Rose McGowan. Großartige Performance! (Ein Highlight ist schon der Lapdance von MacGowan gleich zu Beginn des Films! Brillante Musik) Doch auch der restliche Cast ist sichtlich mit Spaß dabei. Die vielen Cameos machen zudem noch einen Heidenspaß.

Zwischen den beiden Filmen gibt es dann die lang umworbenen Faketrailer zu bestaunen. Das schwächste Glied der Kette dürfte Simon Pegg’s DON’T sein, den ich einfach überhaupt nicht lustig fand, der sich aber wiederum selbst für zum schreien komisch hält. Eine lustige Abwechslung stellt Rob Zombie’s WEREWOLF WOMAN OF THE SS dar. Ein kunterbunter Ideenmix mit einer hinreißenden Sheri-Moon Zombie. Mein persönliches Highlight allerdings ist ganz klar der THANKGSGIVING-Trailer von Gore-Rübe Eli Roth. Es ist außerdem der einzige Faketrailer, bei dem ich mir sehnlich gewünscht habe, dass es den Film dahinter wirklich so geben wird.

Als krönender Abschluss, wenn man das so formulieren möchte, wird dann schließlich Tarantino’s DEATH PROOF serviert. Hierbei handelt es sich eigentlich eher um eine krude Mischung aus MEAN GIRLS, FASTER, PUSSYCAT! KILL! KILL! und VANISHING POINT (Diesen bekommen wir von Tarantino gleich ein paar Mal aufs Brot geschmiert). Es ist die tolle Mischung die mich an diesem Film so verzauberte: Immer wieder schenken die Gefühle und Settings blitzartig um. Eben noch lustiger Girlie-Talk, in der nächsten Sekunde schon wieder düster und fies, wenn die Szenerie zu Kurt Russel umschwenkt. Überhaupt ist Russel wieder einmal großartig. Meiner Meinung nach hat man ihn in seiner Karriere nur sehr selten besser gesehen, als unter dem Umhang von Sir Tarantino. Was dieser graue Wolf mit seinen Augen macht ist mehr als beängstigend. Leider verkalkuliert sich Tarantino etwas, was den Aufbau von DEATH PROOF angeht. Man merkt wie viele Ideen er in dieses Werk stecken und mit wie vielen tollen Einfällen er um die Ecke spaziert kommen wollte. Aber es scheint fast, als habe er sich in diesem exzessiven Strudel etwas verloren. Für mich z.B. macht es nur wenig Sinn, dass er dem Zuschauer die erste Mädchentruppe mit Butterfly und Co so ans Herz legt und Sympathien steigert um sie urplötzlich auszulöschen. Erstes Problem: Für diese „Einleitung“ braucht er gut die Hälfte des Films. Zweitens: Wenn die zweite Truppe um Rossario Dawson zur „The new Breed of Super-Women“ mutiert, sind diese uns noch fast unbekannt.

Sicherlich, wie alle schlussendlich um den bösen Wolf stehen und ihm Saures geben, macht schon höllisch Spaß. Vor allem weil Tarantino wieder einmal zeigt das er ein fantastisches Gespür für seine Charaktere besitzt. Stuntman Mike ist dafür ein Paradebeispiel, denn die Gradwanderung welche er durchläuft ist trotz ihrer grotesken Züge immer noch glaubwürdig. Getreu dem Motto „Don’t fuck with the wrong girls, cause they will fuck you harder” gibts am Ende nach einer atemberaubenden Oldschool Verfolgungsjagd richtig auf die Mütze. Wobei anzumerken ist das DEATH PROOF gut ohne viel Action und Splatter auskommt. Hier ist es der Mood – Tarantino Flavor zum Quadrat – dem man sich hingibt, oder eben nicht. Ich mochte die Stimmung von DEATH PROOF auf Anhieb. Das zwanglose, ausgelassene Geschnatter der Mädchen, die unglaublich vielseitige Musikzusammenstellung und vor allem den superben Schnitt (Die Crashszene ist ja nun wirklich der Hammer).

Streng genommen könnte man sagen, dass die Aufgabe des Projektes GRINDHOUSE nur bedingt erfüllt wurde. Beide Regisseure, vor allem aber Tarantino, waren nicht ambitioniert genug einen Film mit dem angestrebten Inhalt und der angepeilten Länge anzufertigen. Trotzdem funktionieren beide als Double Feature ganz gut, selbst wenn beide ihre Mängel besitzen. Bei aller Kritik sollte man eines jedoch nicht vergessen: Gerade auch die Schwächen solcher Filme haben sie in der Zeit der B-Movies zu dem gemacht was sie für viele heute sind: Kult. Hierzulande haben beide Filme die Chance in der längeren Version zu punkten. Wehrend Rodriguez wahrscheinlich nicht mehr viel aus PLANET TERROR herausholen kann (!), wird Tarantino die Möglichkeit haben DEATH PROOF durch fehlende Szenen zu verbessern. Die Kurzfassung wirkt in der Tat ein wenig wie Schweizer Käse. Überall gibt es Löcher, die es nun zu füllen gilt. Und wir sind gespannt drauf! Abschließend könnte man sagen:

Rodriguez hat einen Film gedreht, der dem entspricht was die Masse sich unter GRINDHOUSE vorstellt. Tarantino hat sich das Thema mehr zu Herzen genommen, leider scheint dies aber oft nicht durch.

7/10

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Endlich! ;-) Rechne auch schon lange nicht mehr mit einem großen Überflieger, aber mit gewohnt guter Unterhaltung à la Rodriguez und Tarantino. Habe ebenfalls schon in den DEATH PROOF OST reingehört und kann Deine Begeisterung nur teilen, allen voran "Chick Habit" - tarantinoesker geht es nicht!

Bei Rodriguez erwarte ich erhlich gesagt sowieso nichts anderes als ein herrliches Splatterfest, allein wegen der Szene mit Willis' und seinem Willie (Fabse erzählte) scheint das Ganze wert zu sein. Kann den 19. kaum erwarten!

Lost in Imagination hat gesagt…

also ich freue mich auf die Langversion von DEATH PROOF. Den Rodriguez hingegen werde ich mir nicht mehr geben, weil ich weiß das der nicht viel anders sein kann.

Der Überknaller ist es leider nicht, unterhaltsam aber auf jeden Fall.

Wenn es um den Kultfaktor geht hat PLANET TERROR sogar die besseren Dialoge.

Rajko Burchardt hat gesagt…

Hab bis zum 6. Absatz gelesen. Das klingt aber alles besser als ich dachte, dass es bei dir klingen würde. ;)