Dienstag, September 26, 2006

Kino: CANDY


Neil Armfield hat sich mit CANDY eine beachtliche Buchvorlage ausgesucht. Für seinen ersten höher budgetierten Film konnte er, vielleicht auch auf Grund der starken Lektüre, gleich einmal die beiden darstellerischen Wunderkinder Australiens für sich gewinnen: Heath Ledger, welcher mit BROKEBACK MOUNTAIN nicht nur aus seinem Teenie Schema ausbrechen konnte, sondern auch zu Recht für einen Oscar nominiert wurde. Abbie Cornish schlüpft nach dem Independenterfolg SOMERSAULT in die Rolle der jungen Candy: Ganz ehrlich, keine andere hätte ihr ein solches Gesicht verliehen.

Was CANDY in erster Linie von den üblichen Drogendramen abhebt, ist die Tatsache, dass es dem Film weniger um die Dramatisierung der Rauschmittel geht als um die offene Darstellung von Sucht, Schwäche und gegenseitiger Abhängigkeit. Es ist eher die Sucht im Verborgenen welche von CANDY thematisiert wird: Süchtig nach Nähe, Wärme und Geborgenheit. Es sind eher fleischgewordene Drogen auf denen die Abwärtsspirale basiert. Heath Ledger und Abbie Cornish sind dazu idealbesetzt. Ledger mimt den mittellosen Künstler Dan mit einer ganz eigenen Note, wird dabei aber sogar ein paar mal von Cornish überholt: Was diese junge Frau vollbringt ist wirklich der helle Wahnsinn. Erinnert man sich nur einmal an die Krankenhausszene. Gänsehaut. Wenn selbst ein großartiger Geoffrey Rush neben beiden etwas blass wirkt, sagt das eigentlich alles, oder?

Ein weiterer sehr wichtiger Aspekt wäre, dass die Darsteller in CANDY optisch nicht zu hochglanzpolierten Sternchen verkommen. Nein, sie sehen oft genug sogar ziemlich elend aus. Ob nass geschwitzt, dreckig, entzündet oder müde: Die Figuren durchleben auch optisch alle Höllenreise. Und das ist ein Punkt der sogar in „good old Hollywood“ nicht mehr selbstverständlich ist.

Leider bietet uns Candy nicht wirklich einen neuen Blickwinkel. Man hat wehrend des Film manchmal den Eindruck das alles zumindest ähnlich schon einmal gesehen zu haben. Auch eckt der Film manchmal an seiner doch sehr naiven Einstellung an. Sicherlich braucht die Geschichte diese ein Stück weit um aufzuzeigen das für Candy und Dan nur der eigene Cosmos existiert und alle anderen Menschen Zuschauer sind. Aber hier und da wäre weniger mehr gewesen. Ebenso fühlen wir zwar mit beiden mit, sind aber beim wunderbaren Schlussakt relativ gefasst und gelassen. CANDY berührt, überwältigt aber nicht. Das Ende bildet schließlich fast eine Art Versöhnung mit der Naivität. Leicht kann man es in den falschen Hals bekommen und Armfield nachsagen, er hätte es nur gewählt weil er keinen der beiden Charaktere sterben lassen kann. Doch das hätten wir vielleicht sogar erwartet. Nein, stattdessen lässt er Heath Ledger in Form von Dan symbolisch das Band zwischen den beiden zerschneiden. Er ist der wunde Punkt in ihrem Cosmos, der nur darauf wartet erneut auszubrechen, er ist die gefährliche Droge. Mit dieser gewonnenen Erkenntnis lässt er CANDY ziehen. Mal ehrlich: Gibt es einen schöneren Liebesbeweiß?

CANDY ist ein wunderschönes Drama geworden, mit brillantem Schauspiel und einem weise gewählten Soundtrack. Das Suchtdrama wird hier zwar nicht neu erfunden, dafür aber in exzellenter Darbietung wiedergegeben. Ingesamt also durchaus gelungen. 7/10

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich bin nicht so angetan von Candy ohne Zweifel die Hauptdarsteller gerade Heath sind wirklich grandios, da kann man nicht meckern, dass der Film für mich scheitert leigt allein daran, dass ich das Buch kenne und alle die das Buch kennen und den Film bis jetzt gesehen haben sind auch nicht so von Candy angetan, vielleicht war es wirklich besser das Buch nicht zu kennen um einigermaßen zufriedengestellt zu werden! Das Buch ist jetzt kein Meisterwerk, aber doch viel besser, da kamen die Gefühle der beiden viel besser zum Ausdruck mir lieb zuviel elementares im Film auf die Strecke!

Lost in Imagination hat gesagt…

verstehe ich. habe das Buch nicht gelesen, fand den Film durchaus solide. Die Schwächen sind mir auch aufgefallen, nur nicht so schwerwiegend. Und die beiden Darsteller waren wirklich aller erste Sahne ;-)