Montag, Juli 10, 2006

DVD: THE DEVIL'S REJECTS


Rob Zombie ist der lebende Beweiß. Der Beweiß dafür, dass man einen Regisseur nie und nimmer nach nur einem Film abhaken sollte. Seine Austattungsorgie HOUSE OF THE 1.000 CORPSES war für mich eher ein Desaster als das ich daran auch nur irgendetwas Positives hätte finden können. Er nahm sich eine skurrile Familie und steckte sie in den wohl abgefahrensten Trödelladen seit NEEDFUL THINGS. Somit war das Thema Rob Zombie für mich gegessen. Nun, knappe 2 Jahre später schiebt er sein neustes Werk nach. Ein Film, der mich die Schmerzen des Vorgängers vergessen ließ. Ein Film der mir sagt: Rob you’re a fuckin’ genius!!!

THE DEVIL'S REJECTS knüpft eigentlich nahtlos an HOUSE OF THE 1.000 CORPSES an. Zu Beginn sehen wir wie die Farm der verrückten Hillbillies von der Polizei umstellt wird. Man muss wohl oder übel flüchten. Otis und Baby schaffen es grade noch rechtzeitig, Mother Firefly jedoch wird geschnappt. Wehrend die beiden Flüchtlinge sich ihren blutigen Weg durch die Südstaaten bahnen und Captain Spaulding aufsuchen, haucht Mother Firefly unter der Folter des besessenen Sheriffs Wydell ihre letzten Atemzüge aus. Dieser verlor durch die Freakbande nämlich seinen großen Bruder, sein Idol. Seit dem wird er nur noch von einem Wunsch getrieben: Diese Familie soll die Schmerzen von jedem einzelnen ihrer Opfer erleiden. Und dies durch seine Hand.

Mit dem Regidebüt des liebenswert verrückten Rockers hat THE DEVIL'S REJECTS nur wenig gemeinsam. In erster Linie ist es die Liebe zur Musik und eben die Figuren. Waren diese im ersten Film noch Abziehbildchen des Horrorgenres, so entwickeln sie sich hier zu vielschichtigen Charakteren. Wir, die Zuschauer durchleben mit ihnen eine wahre Achterbahnfahrt. Grade waren sie noch die Furcht einflößenden Psychopathen die in irgendeinem Hinterland Amerikas Leute abschlachteten, im nächsten Moment stellt sich uns schon die Frage, was mit diesen armen Seelen bloß passiert sein muss, dass sie jetzt das sind was sie sind. Das ist ein ganz entscheidender Punkt, wieso Rob Zombie’s Sequel so dermaßen gelungen ist. Die Charakteristische Gradwanderung bringt unsere Intuition völlig durcheinander: wir hassen sie, wir haben Mitleid, wir finden sie teilweise sau komisch. Im Konflikt mit unserer eigenen Moralvorstellung sind wir darüber erschrocken, dass wir diese abartigen Wesen doch nicht so verachten wie es vielleicht „richtig“ wäre, stattdessen evtl. sogar Sympathie empfinden.

Mit Sheriff Wydell verhält es sich nicht anders. Mögen seine Beweggründe auch noch so edel klingen, bleibt er am Ende doch eindeutig ein krankes Arschloch dessen sadistische Phantasien nicht weniger angst einflößend wirken wie die der Familie Firefly. Gut und Böse haben längst nicht mehr den Stellenwert, den sie noch in Zeiten eines LAST HOUSE ON THE LEFT hatten.

In jeder Hinsicht führt Rob Zombie das (die) Genre weiter und glänzt nicht nur durch die gute Inszenierung eines mittelmäßigen Stoffes wie es ein Neil Marshall tut. Zudem ist THE DEVIL'S REJECTS genreübergreifend, vereint eine Unzahl dieser in sich. Zum einen ist es ein straighter Slasher im Roadmovie-Gewand, zum anderen fast schon wieder ein Charakterdrama mit Einschüben von rabenschwarzem Humor, das fast schon teilweise musicalartig anmutet. Dieses Monster einen „Horrorfilm“ zu nennen, ist daher fast schon eine schwerwiegende Beleidigung. Alleine die Detailverliebtheit seiner tollen Sets, die mich manchmal ein wenig an KILL BILL VOL.2 erinnerten, zeigen was für Fähigkeiten in Rob Zombie stecken und sollten das Klischee „Moderegisseur“ eindeutig aus der Welt schaffen. Ein dickes Lob darf sich Zombie auch für seine tollen Darsteller einheimsen. Ich kann mich nicht erinnern schon einmal einen Film gesehen zu haben, bei dem die Darsteller so ihren Spaß hatten. „Overacting at it’s best“ als Mother Firefly in der Zelle tobt und theatralisch den fallenden Engel doubelt. Genau so wunderbar aber auch Baby, welche Gogo Yubari ernste Konkurenz macht („Chinese, Japanese, dirty knees,…look at these“) Unentschlossenheit macht sich hier eher bei Spaulding breit: Hat er tatsächlich geschauspielert oder war er einfach wie immer?

Zu eine Roadmovie aus der Feder von Rob Zombie darf natürlich in erster Linie eines nicht fehlen: Ein sehr guter Soundtrack. Und den gibt es. Es gibt wunderbare Songs die perfekt in diese trügerische Einöde passen. Ganz klar: Den absoluten Höhepunkt stellt „Free Bird“ da. Wir sehen 3 zu Tode gequälte Psychopathen die sich unter der knallenden Sonne in einem Cabriolet ihre Wunden lecken. Immer wieder fängt die Kamera die Umgebung ein, im Hintergrund dröhnt der Song. Es ist bemerkenswert inwiefern sich die Prioritäten ändern wenn man den richtigen Song zur rechten Zeit anklingen lässt.

Schließlich treibt es Zombie mit seiner Charakterzeichnung auf die Spitze: Wir selbst machen den kranken Cop, welcher eigentlich nur den Tod seines Bruders rächen will zum größeren Arschloch. Wir hoffen, nein wir flehen darum das uns die Firefly’s erhalten bleiben. Und das obwohl uns Zombie immer wieder unmissverständlich zu verstehen gibt, das diese Kinder des Teufels keine liebeswerten Menschen sind und es auch nie sein werden. So oft wir auch denken und hoffen das sie sich vielleicht ändern…sie tun es nicht. Sie werden grausamer, sadistischer und bösartiger. Und doch freuen wir uns als wir merken, dass die 3 zerschnittenen & verbeulten Körper im Auto, dass am Ende über den Highway schlängelt noch atmen. Woran verdammt noch mal liegt das? Ich denke weniger daran das in jedem von und ein Monster schlummert (Hallo Mr. Cronenberg), als das uns diese Freaks wohl irgendwann ans Herz gewachsen sind, zwischen all den Schimpfwörtern und bestialischen Tötungsszenen. Vielleicht weil wir genau so etwas sehen wollen, vielleicht aber auch weil diese Gescheiterten Existenzen auch einmal Menschen gewesen sein müssen..

Irgendwann muss ihr Leben aus den Fugen gelaufen sein und ihr Herz hat aufgehört zu schlagen. Man weiß nicht ob sie diesen Tag verfluchen oder ob es ihnen egal ist. Rob Zombie macht uns in der letzten Szene aber unmissverständlich klar dass ihr Wille ungebrochen ist, selbst wenn ihr Körper schon am Ende ist. Und so raffen sich 3 kleine Desperados ein letztes Mal auf um Widerstand zu leist und zu zeigen: Uns bekommt ihr nicht klein.

THE DEVIL'S REJECTS ist spätestens in dieser Szene mehr als ein gewöhnlicher Horror oder allgemein Genrefilm. Auf eine locker, lässige Art und immer mit einem Zwinkern, inszeniert Rob Zombie hier einen Augenschmaus der höchsten Güte, der sehr wohl neben der brillianten 70's Optik auch inhaltlich überzeugt. Dort wo andere Regisseure einen Schritt gehen, geht Zombie gleich drei. So bricht er die Grenzen in jedem Genre das er in seinem neuen Film vereint und macht aus einem skurrilen Slasherfilm ein facettenreiches, vielseitiges Filmperlchen. Wehrend unsere Ohren noch dem tollen Soundtrack nach horchen und unsere Augen versuchen die Mischung aus dreckigem Ödland und wunderschönen Bildern zu verarbeiten, beschäftigt sich der Geist unentwegt mit der einen Frage: Hoffentlich geht es Familie Firefly gut. Hoffentlich ist zwischen mir und ihr genug Sicherheitsabstand. 10/10

2 Kommentare:

Rajko Burchardt hat gesagt…

Woas? 10/10? Und der erste Teil war nix?

Hm, also den ersten mochte ich als durchgestylte Variation der 70er Mottenkiste schon ziemlich, weshalb ich den zweiten auch relativ sinnlos finde. Man merkt einfach, dass sich alle nur noch mal des Funs wegen zusammengeschlossen haben, aber der Film hat eigentlich nichts zu erzählen. Es gibt ein paar schöne Sachen, mir hat er auch soweit gefallen, aber .... keine Ahnung. Junge, Junge, du machst mir Spaß :)

Lost in Imagination hat gesagt…

Du wirst lachen, ich halte TDR sogar für einen der besten Terrorfilme die ich je gesehen habe, ganz einfach weil alles stimmt. Für mich war HOTTC nichts, eher eine öde Nummernrevue in Form einer Überdosis. ;-)