Dienstag, März 18, 2008

DVD: SUKIYAKI WESTERN DJANGO



(Doch eher kurz geraten. Bitte aus Zeitdruck um Verzeihung!)

Ja, die Vorfreude war groß. Mit jedem Bild und jedem Teaser-Fetzen stieg sie weiter an. Durch die Welle der ersten Reviews dann doch wieder etwas entmutigt und abgeklärt, stellte ich mich schließlich dem neusten Film von Takashi Miike. Und ich muss sagen: Ich bin schwer begeistert. Wieso der Film so oft gebasht wurde erschließt sich mir nicht, es sei denn man sollte tatsächlich nicht erkennen, wie vielseitig und großartig das ist, was Miike das liebevoll zusammen schustert. Wer natürlich auf einen Instant-Genreaufguss a la PLANET TERROR hofft, wird enttäuscht. Miike’s Spaghettiparty ist nicht nur vielseitiger und vielschichtiger, er macht auch wesentlich mehr Spaß. Eine spritzige Mischung aus unkonventionellem Yakuza-Filmchen, Italowestern und shakespeare’schem Klamauktheater.

Primär geht es um zwei Banden die eine Kleinstadt auf den Kopf stellen, um an einen Schatz zu kommen. Die einen in rot, genannt werden Sie Heike, die anderen namens Genji im weiß. Da sich beide in etwa ebenbürtig sind, muss die Entscheidung der Vorherrschaft wohl hinter dem Rücken des anderen fallen. Die einen setzen auf eine mysteriöse Geheimwaffe, die anderen auf einen Spion. Schon bald taucht aber ein ominöser Mann auf, der sich zwischen die beiden Fronten stellt, um für Recht und Ordnung zu sorgen.

Es ist immer noch unfassbar für mich, was Miike aus dem oft verfilmten Stoff macht. Da haben wir zum einen die Storyline um den einsamen Revolverhelden, welche auf den Pfaden von YOJIMBO bzw. EINE HANDVOLL DOLLAR wandert und selbst eher an Harmonica aus SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD erinnert, gibt der Heike-Anführer am Liebsten HENRY VI. zum besten, wehrend das Gesamtgerüst ebenfalls an Shakespeare angelehnt ist, nämlich an ROMEO UND JULIA. Miike’s Film ist hierbei oft Hommage und Parodie der Vorbilder in einem. So zieht Miike zum Beispiel gleich in der ersten Szene schon den Hut vor dem thailändischen Film TEARS OF THE BLACK TIGER, in dem er Tarantino vor aufgemalten Pappkulissen wandern lässt. Dieser ist ebenfalls in einem göttlichen KILL BILL-Zitat vertreten, welches lediglich durch sein furchtbares Overacting an Faszination einbüßen muss.

SUKIYAKI WESTERN DJANGO ist sicherlich nicht frei von Mängeln. So hätte man ein paar Szenen etwas kürzen oder in einem Fall sogar ganz heraus nehmen können. Aber insgesamt steckt hier so viel drin, dass ich gar nicht weiß wie ich den Film in Worte fassen soll. Tolle Shootouts, wundervolle Musik (vor allem der leicht abgeänderte DJANGO-Song hat es mir angetan) und eine Vielzahl an neckischer Spielereien. Alles was der Miikefan sehen will.

8/10

Kino: BEFORE THE DEVIL KNOWS YOU'RE DEAD



Ließ großes erwarten und wurde mit zunehmender Spielzeit zur reinsten Tortur. Aber eben nicht weil wir ein erschreckendes, packendes Charakterspiel sehen, sondern weil Lumet's Film in so vielen Metern Zelluloid so verdammt wenig erzählt. Nach der 5. Zeitsprung wirkt auch dieses Stilmittel ausgelutscht. Und auch wenn Ethan Hawk mit seinem unsäglichen (!) Overacting am Rande des Erträglichen kratzt, mochte ich diese kleine Gaunerposse in der ersten Hälfte noch bedingt. Dann geht es aber kontinuierlich Berg ab und mündet schließlich in unfassbar difusem Quark. Einziger Lichtblick meiner Meinung nach: Philip Seymour Hoffman. Der war wirklich stark. Der Rest war igendwie, trotz einiger Höhepunkte, eine kleine verkackte (sorry) Pseudostudie, bei der man den Hasenkot schon gerochen hat, als das Tier sich noch einen geeigneten Platz suchte.

4/10

Samstag, März 15, 2008

DVD: Á L'INTÈRIEUR (INSIDE)



Die Grundlage dieser etwas anderen Weihnachtsgeschichte aus INSIDE ist schnell erzählt: Eine schwangere Frau verliert bei einem Autounfall ihren Mann, das Kind bleibt jedoch unversehrt. 4 Monate später steht sie kurz vor der Entbindung. Aus sentimentalen Gründen – gerade auch wegen der Weihnachtszeit – entschließt sich die Frau, Sarah ihr Name, den heiligen Abend alleine mit ihrer Familie zu verbringen, welche im Grunde sie, ihren toten Mann und das ungeborene Kind einschließt. Später am Abend klopft es dann an der Tür. Draußen steht der Tod, in Form einer schwarz gekleideten, mysteriösen Frau, die nicht nur verdammt viel über Sarah weiß, sondern es offensichtlich auch auf das Baby in ihrem Mutterleib abgesehen hat…

Simpler könnte der Handlungsrahmen einer solchen Genreproduktion nicht ausfallen, wie sich beim genauen Betrachten aber herausstellt auch nicht effektiver. Die Regisseure Julien Maury und Alexandre Bustillo haben sich die ultimative Opferrolle herausgepickt: Eine schwangere, junge, allein stehende, nervlich angekratzte Frau. Und natürlich wissen die beiden Herren, dass jeder Zuschauer mit dieser Frau leiden wird und es keiner großen Vorgeschichte oder Charakterzeichnung bedarf um sich auf Anhieb hinter diese Person zu stellen. Denn sie ist für diese Filmlänge das vielleicht hilfebedürftigste Wesen auf dem Erdball. Beide Darstellerinnen tragen gleichermaßen zum Gelingen dieser Konstellation bei. Das Opfer, Alysson Paradis, minimal und leise, die Angreiferin, Béatrice Dalle (von mir immer liebevoll die französische Toni Colette genannt), laut und ausdrucksstark. Letztere hat eine so phänomenale Präsenz das einem die Nackenhaare 90 Minuten lang aufrecht stehen.

Von der Inszenierung gibt sich INSIDE eher bieder, was keines Wegs als Kritik zu verstehen ist. In sehr grauen, langsamen Bildern erzählt der Film seine Geschichte, geht deshalb in die entgegen gesetzte Richtung von Alexandre Aja und seinem HAUTE TENSION, der eher auf perfekt ausgeleuchtete Sets und hypermoderne, schnelle Schnitte setzte. Natürlich perfektionierte Aja in seinem Film diese Vorgehensweise. Dennoch ist es verdammt angenehm zu sehen, dass man die ganze Sache auch anders herum angehen kann und nichts an Spannung einbüßen muss. Da mir persönlich dieser ewige MTV-Style in Horrorfilmen tierisch auf die Nerven geht, bin ich froh mit INSIDE eine Alternative gefunden zu haben. Dieser blendet seine einzelnen Schreckensszenarien immer sehr langsam aus, was die Situationen oft verschärft, weil man bei all der gnadenlosen Härte des Films oft selbst gerne ausblenden würde. Aber nein, INSIDE nimmt sich dafür Zeit, weiß auf der anderen Seite auch das er über fabelhafte Goreeffekte verfügt, die er nicht mit schnellen Schnitten kaschieren muss um sie nicht albern wirken zu lassen. Leider ergibt sich daraus aber ein ganz anderes Problem, nämlich das der Abstumpfung: So drastisch wie hier oft am Maximum des Erträglichen geschlitzt und schlachtet wird, verliert der Film gegen Ende an Atmosphäre. Besonders auffällig wird dies, wenn die konventionellen Papp-Polizisten verbraten werden um den Bodycount zu erhöhen. Ja, an einigen Stellen weiß INSIDE seine Spielzeit nicht ganz schlüssig zu füllen. Und immer wenn dies der Fall ist, schiebt er eben wieder eine Goreszene nach – von mal zu mal abartiger. Das Problem ist aber eher, das Bustillo die Villa nicht richtig zu nutzen versteht. Und so rennen die Hauptfiguren eben vom Bad ins Wohnzimmer und vom Wohnzimmer wieder zurück ins Bad.

Meiner Meinung nach funktioniert INSIDE eben doch besser als melancholisches Kammerspiel des Grauens, nicht aber als rasanter Slasher. Denn obwohl die Abläufe teilweise löchrig erscheinen, die Figuren sind es nicht. Sarah’s Wunsch nach einer schnellen Erlösung ist angesichts des vorangegangenen Terrors genauso nachvollziehbar wie die Obsession der Fremden. Es geht um die Urinstinkte einer Frau, nämlich das eigene Kind zu schützen komme was wolle und eben darum, Rache zu üben – ganz gleich ob richtig oder falsch. Das unversöhnliche Ende unterstreicht hierbei den Weg, den Bustillo und Maury schon zu Beginn festlegten. Und gerade hier brechen sie sogar mit Genrekonventionen. Es ist am Ende nicht diese eine Szene, die zum letzten Bild führt und dem Zuschauer unangenehm im Kopf bleibt, sondern das letzte Bild an sich. Und auch wenn das alles nicht diese menschenverachtende Gewalt in INSIDE rechtfertig, funktioniert hat es.

7,5/10